Für den letzten Tag habe ich die Uffizien im Programm. Hier lagern weltberühmte Kunstschätze aus praktisch allen Jahrhunderten seit der Renaissance. Die Leute stehen sich hier schon früh die Beine in den Bauch, daher hab ich vorher reserviert und sammel mich in einer Gasse um meine Reservierung in eine Eintrittskarte umzutauschen. Das muss man sagen, hier ist alles gut organisiert.

Uffizien

Ich vertraue mein Geraffel der Garderobe an. Mehr Bewegungsfreiheit und weniger Chance irgendwas zu beschädigen. Für den Moment brauch ich das eh nicht.

Der Rundgang beginnt mit dem Mittelalter und setzt sich dann in die Renaissance fort. Interessant, wie sich hierbei die Bilder verändern. Zunächst sieht man praktisch nur Jesus und Maria, aber sukzessive kommen andere Motive hinzu und die Malerei wird weicher und moderner. Man könnte annehmen, dass das das beabsichtigte Konzept der Ausstellung ist :)

Dazwischen immer wieder griechische und römische Skulpturen. Tatsächlich wirken diese oft viel lebensechter als die frühen Gemälde, vor allem die Gewänder sind unglaublich plastisch dargestellt. Und das vor knapp 2000 Jahren. Ich bin sichtlich beeindruckt.

In Saal 45 hängt ein Dürer und daneben hat Lucas Cranach den Reformator Luther und seine Frau Katharina von Bora gemalt. Interessant in einem doch eher katholisch geprägten Land.

Luther wurde hier auch aufgehängt

Zur Halbzeit gelangt man an ein kleines Cafe. Ich setze mich direkt unter den Torre de Arnolfo und genehmige mir ein zweites Frühstück. Günstig ist das nicht, aber mit der Sonne auf der Terrasse konnte ich schwerlich widerstehen. Eine kleine Pause hab ich mir verdient bei soviel Input.

Danach geht’s im unteren Geschoss weiter. Hier sind einige Räume in Umgestaltung, aber es gibt noch z.B. eine schöne Sammlung von Köpfungsmotiven: das Opfer Isaaks, Judith köpft Holofernes, David mit dem Kopf von Goliath, der Kopf der Medusa, etc. Lustige Auswahl. Um die Ecke zum ersten Mal keine Menschen auf den Bildern, sondern gerupfte Gänse und abgehangenes Fleisch. Interessanter Weg von der ikonographischen Jesusdarstellung hierher.

Dann endet mein Rundgang und ich schnaufe erstmal durch. Ganz schön viel Kunst hier. Und nun? Etwas Wissenschaft zur Abwechslung? Um die Ecke ist das Museo Galilei und lädt direkt mit einer großen Sonnenuhr zum Besuch ein. Ich check kurz das Internet, ob sich das lohnt und entscheide mich dann für diesen Exkurs. Und tatsächlich finden sich hier von Anwendungen einfacher Geometrie, über Astrolabien und alte Globen, bis hin zu Galileos Teleskop jede Menge Exponate wissenschaftsgeschichtlicher Bedeutung.

Im oberen Geschoss sind dann Geräte der frühen Chemie und zur Erforschung der Elektrizität beschrieben und ausgestellt. Das alles erinnert mich verdächtig an meinen Physik-Unterricht, nur sind die Exponate hier deutlich älter. Ähnlich wie in den Uffizien hat man den Eindruck einer kontinuierlichen Entwicklung. Spannend, wie das Wissen in der Renaissance explodiert ist und die Grundlagen der modernen Technologie geschaffen wurden.

Ich beschließe dem Südufer nochmal einen Besuch abzustatten. Neben einem leckeren Panini findet sich hier auch ein alter Schuhmacher, der noch mit Holzmodellen seiner Kunden arbeitet. Hab ich auch lange nicht gesehen. Der rote Thunfisch, der in einem der Restaurants im Schaufenster lag, ist nicht mehr da. War bestimmt teuer, soweit ich weiß, gibts davon gar nicht mehr so viele. Ansonsten ist es hier im Süden etwas ruhiger und weniger touristisch. Die Leute gehen einfach ihrem Alltag nach.

Gasse in Florenz

Nach einem halben Dutzend weiterer Kirchen, Säulen und Palazzi liege ich erstmal wieder in meiner Unterkunft. Erstmal alles sacken lassen. Was wohl von all dem hängen bleiben wird?

Beim Happening auf der Treppe am Piazzale Michelangelo kommt heute italienische Musik. Klingt nach unerfüllten Emotionen oder zumindest tiefer Leidenschaft. Passt zum Abschied.

Mit dem Blick auf die Stadt empfinde ich plötzlich Dankbarkeit, dass mein Trip trotz der Vorgeschichte so reich an Erlebnissen und Erkenntnissen war. Und ich in einer Welt lebe, wo man sich einfach mal ins Flugzeug setzen kann und die Welt erkunden kann. Im Grunde ein Privileg. Noch dazu, wenn hier so gutes Wetter herrscht.

Abendlicher Blick auf Florenz

Achso.. Blondie heißt übrigens Natalia und ist Estin, lebt aber schon länger in Berlin. Ich treffe sie zufällig auf dem Piazzale Michelangelo und spreche sie auf unsere zufälligen Begegnungen an. Wir kommen ins Gespräch und als es langsam kühl und dunkel wird, bestreiten wir den Rückweg gemeinsam. Sie hat einen russischen Akzent, versteht aber gut deutsch. Wir sind uns grundsätzlich sympathisch und entschließen spontan gemeinsam zu Abend zu essen. Ein Restaurant haben wir recht schnell gefunden, unsere Auswahlkriterien sind ähnlich.

Normalerweise geht sie nicht essen, weil sie nicht allein essen mag. Sie isst dann einfach tagsüber mehr und abends nichts. Studiert hat sie in Wernigerode und dann u.a. in Bielefeld und Stuttgart gelebt. Sie erzählt mir, dass Estland 1991 unabhängig wurde und dass Leute, die damals den Sprachtest nicht geschafft haben, nach Russland ausreisen mussten. Ich erzähle im Gegenzug Stories aus der DDR :)

Natalia

Ansonsten tauschen wir uns zu unseren Reisen aus und was wir wo gut fanden. Sie hat ein 10-Tagesprogramm und will noch auf den Campanile, bevor sie morgen nach Pisa weiterreist. Und sie reist oft allein und nur mit Handgepäck, da ist man flexibler, sagt sie. Planung ist alles, meint sie und wir verstehen beide, was das bedeutet. Überhaupt verstehen wir uns ungewöhnlich gut für zwei Fremde. Naja.. wir kennen aus ja auch schon ein paar Tage ;)

Als wir das Restaurant verlassen, begleite ich Sie noch bis zum Dom. Plötzlich erklärt sie anhand von Assassins Creed den Aufbau des Doms und wo man ihn am besten hinauf klettern kann. Ich muss schmunzeln. Noch jemand, der diese Assoziationen hat, denke ich und berichte von meinen virtuellen Abenteuern.

Dann ist der Dom erreicht. Wir bedanken uns für die spontane Gesellschaft, verabschieden einander mit einer Umarmung und dann zieht jeder wieder seiner Wege. Ein schöner letzter Florenz-Moment. Nun wirds aber Zeit für den Heimweg.