Heute ist Transfertag. Der Checkout ist schnell hinter mich gebracht und binnen weniger Minuten stehe ich im Bahnhof. Um zu den Gleisen zu kommen, braucht man ein Ticket, sonst wird man nicht durchgelassen. Also suche ich einen Schalter. Es gibt eine kleine Schlange und ich stelle mich an.
Plötzlich steht Blondie neben mir. Ich hab die Dame so getauft, als sie am ersten Tag direkt vor mir ins Frühstücksbistro ging. Ich hielt sie erst für eine Römerin, aber als sie dann auch am Petersplatz herumlief, war ich mir sicher, sie ist eine Touristin. Sonst war sie leicht bepackt, aber heute trägt sie einen vollen Deuter-Rucksack. Offenbar reist sie heute ebenfalls mit dem Zug. Irgendwie lustig sie hier auf meinen letzten Metern in Rom nochmal zu sehen, bildet eine nette Klammer um meinen Kurzaufenthalt.
Mit dem Ticket darf ich in die Sicherheitszone. Überall sind große LED-Anzeigen mit Zugnummern und erwarteten Bahnsteigen. Mein Zug hat 35 Minuten Verspätung. Auf irgendeiner High-Speed-Strecke ist wohl ein Zug ausgefallen. Informationstechnisch läuft es hier besser als bei der Deutschen Bahn. Also heißt es warten. Es ist recht laut und windig an den Gleisen und ziemlich voll. Gelegentlich fahren kleine Elektro-Scooter mit Anhängern vorbei. Hinsetzen kann man sich hier nirgendwo.
Dann ist endlich der Zug da. Waggon und Platz sind schnell gefunden. Endlich hinsetzen. Der Zug bietet hauptsächlich Vierertische, die man nochmal aufklappen kann. Leider sitze ich gegen die Fahrtrichtung. Naja.. sind nur anderthalb Stunden Fahrzeit, wird schon gehen.
Die zuginternen Systeme sind übrigens auch nicht übel. An jedem Platz gibt es einen Stromanschluss und man kann das Rollo elektrisch bedienen. Im Gang hängen Monitore, die neben Werbung auch Livebilder aus dem Cockpit, den Wetterbericht sowie alles zur aktuellen Reise zeigen, incl. Geschwindigkeit, Verspätung, Live-Karte und Anschlusszüge.
Die Reise geht durch zahlreiche Tunnel. Jedes Mal wenn der Zug mit 250 km/h da durchfeuert, hat man einen schönen Druck auf den Ohren. Ansonsten reist es sich so sehr entspannt. Die Landschaft wirkt sehr vertraut, nur im Hintergrund sieht am ein paar größere Berge.
Nur 90 Minuten später bin ich in Florenz. Das ist sehr gut für die ca. 250 km. Auch hier heute alles windig. Der Bahnhof macht nicht viel her, ist sehr moderne Architektur und der Vorplatz wirkt fast schon trist. Oder bin ich einfach nur verwöhnt von den letzten Tagen.
Ich check noch schnell, wo mein Bus dann am Samstag Richtung Flughafen abgeht. Alles wirkt deutlich kleiner und übersichtlicher hier. Sieht nicht sehr kompliziert aus, das wird kein Problem.
Bleibt als nächstes den Trolley eine halbe Stunde durch die Innenstadt zu klackern. Ich hab eine Unterkunft unweit des Doms gewählt, was aber bedeutet, dass ich jetzt mehr Weg habe. Naja.. immerhin hat das Ding Rollen unten dran. Die ganzen Highlights links und rechts nehme ich erstmal gar nicht weiter wahr. Erstmal ankommen.
Weil ich zu früh bin, melde ich mich besser per Whatsapp bei der Unterkunft an. Diese Airbnb-Geschichte ist wirklich nett. Bei einem Hotel hat man so einen Service teilweise nicht. Die Adresse ist schnell gefunden. Ich residiere den Rest der Reise in einem alten Palazzo, der seit über 500 Jahren hier steht. Ein Schild weist mich darauf hin, nicht im Treppenhaus zu essen und mich ruhig zu verhalten. Gut, sollte ich beides hinkriegen.
Über die Treppe steige ich ins dritte Stockwerk und werde bereits empfangen. War hilfreich unten zu klingeln :) Binnen fünf Minuten bin ich eingecheckt und kann das Highlight dieser Unterkunft genießen: den Ausblick auf die Domkuppel.
Nach etwas Entspannung nach der Reise, bin ich wieder bereit mich ins Getümmel zu stürzen. Einen richtigen Tagesplan gibt es heute nicht, also beschließe ich mich einfach ein wenig treiben zu lassen und etwas von der Atmosphäre aufzuschnappen.
Mein erster Weg führt mich zu Santa Croce. Diese Kirche erstrahlt in schickem Weiß und Grün und ist zudem die letzte Ruhestätte von Galileo und Michelangelo. Ich überlege kurz hinein zu gehen, aber der Eintritt und das sonnige Wetter entscheiden anders. Lieber noch bisschen frische Luft schnappen. Ich lenke meine Schritte Richtung Arno und von dort nach Westen, wo man in der Ferne schon die Ponte Vecchio sehen kann.
Vorher biege ich noch kurz zur Piazza della Signoria ab. Hier steht der Palazzo Vecchio und direkt davor eine Kopie der berühmten David-Statue von Michelangelo. Durch den Durchgang zu den Uffizien kommt man Richtung Süden direkt zur Ponte Vecchio.
Auf dieser ältesten Brücke von Florenz stehen links wie rechts unzählige Goldschmiede, wodurch nur in der Mitte die Sicht aufs Wasser frei wird. Früher gab es hier wohl andere Gewerke, die die Lage direkt über dem Wasser nutzten um ihre Abfälle zu entsorgen. Diese wurden dann durch die Goldschmiede ersetzt, weil dort fällt kein Abfall an. Es ist tatsächlich interessant, dass die Bebauung von einer Brücke sonst nur selten irgendwo stattfand.
Wenn man der Straße über die Ponte Vecchio folgt, gelangt man zum Palazzo Pitti. Hier weiß ich ehrlich gesagt nicht, was sich Architekt und Baumeister gedacht haben. Das Gebäude ist eine einzige Steinwand aus großen Natursteinblöcken und der sanft ansteigende Platz davor ist komplett ohne jedes Grün, was den Eindruck noch trister macht. Das schmeichelt meinem Auge überhaupt nicht, daher bin ich hier nicht lange verbleiben.
Spannender sind da schon die ganzen Läden. Es gibt Unsummen von Lederwaren in Form von Taschen, Schuhen oder Jacken. Glaube irgendwo sogar ne Lederschule gesehen zu haben, wo man das Handwerk erlernen kann. Viele Produkte kann man an der Piazza del Mercato Nuovo sehen, einer Art Freiluftmarkthalle. Wirkt auf mich trotzdem ein bisschen zu touristisch, denn es gibt überall im Grunde sehr ähnliche Ware.
Die Details findet man eher in den unzähligen Gassen. Zum Beispiel Streetart an Wänden und Straßenschildern. In einer Nische liegt ein gebratenes Schwein und wird von einem Verkäufer gerade in handliche Stücke zerkleinert. In einem Geschäft läuft an einer Wand die ganze Zeit Schokolade. Frag mich, ob die das zumindest nachts ausschalten.
Insgesamt wirkt Florenz durch die engen Straßen deutlich kleiner und geschäftiger. Es gibt viele Stores bekannter Label, die ihre Waren anbieten. Ich bin nicht so sehr der Shopping-Experte. Geschäfte sehen für mich fast überall gleich aus. Dafür muss ich nicht nach Italien fahren.
Dann folgt die übliche Abendbrot-Odyssee. Diese dauert heute länger, da ich mich bei den zahlreichen ähnlich klingenden Pizzerien nicht entscheiden kann. Letztlich endet meine Suche in einem Steakhouse. Die haben hier u.a. auch Fleisch mit über 100 EUR pro Kilo. Gut, dass ich ein Hemd trage :) Die Briten am Nachbartisch genehmigen sich gerade etwas Kobe-Rind Medium Rare. Ich bleib da lieber bei Hamburger, Mixed Salad und Birra Mediterranea.
So langsam wird es Zeit für den Heimweg. Am alten Markt umringt eine Jugendgruppe gerade einen Akkordeonspieler. Er intoniert gerade Sirtaki und plötzlich bilden alle einen großen Kreis und fassen sich an den Händen um ihn wild zu umrunden. Da mache ich spontan mit, etwas Lebensfreude schadet sicher nicht :)
Als ich an einer Kirche vorbei gehe, höre ich drinnen einen Chor. Der Harvard Westlake Chor gibt ein kostenfreies Konzert. Ist zwar fast um, aber das kann man sich schon mal gönnen. Zumal es in der Kirche angenehm voll klingt. Ich freu mich über diesen letzten Zufallsfund heute.
In der Wohnung begrüßt mich die Katze. Sie scheint ein wenig einsam und stöbert in meinen Sachen. Vielleicht hat sie aber auch einfach Hunger. Naja.. von mir erhält sie nichts.
Na dem Duschen hab ich dann noch eine Special Situation. Beim Betreten meines Zimmers hab ich plötzlich die Klinke in der Hand. Und ich bekomme sie auch nicht mehr fest, was bedeutet, dass ich das Zimmer nicht mehr verschließen kann. Das sollte sich wohl mal jemand anschauen, bevor alle schlafen gehen. Ich kontaktiere die Vermieterin und die schickt mir ihren Gianmarco.
Sagt sie.. weil ich höre erstmal eine Stunde lang nichts mehr von ihm. Irgendwann werde ich ungeduldig. Ich hantiere mit kreativer Gewalt an der Tür herum, bis der Vierkant wieder auf seiner richtigen Gegenseite sitzt. Damit lässt sich die Tür nun wieder nutzen. Lange halten wird das aber nicht. Irgendwann trifft Gianmarco dann doch noch ein. Er prüft meine Lösung und ist zufrieden und in Windeseile wieder davon. Nunja, ich will mittlerweile auch nur noch schlafen.
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